SOMMER 2018 | Reisetagebuch einer Weltenbummlerin

Betty and Romeo - Picos de Europa

Hike in the Picos de Europa

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Betty and Romeo - Picos de Europa

Tagebuch einer unvergesslichen Reise

Der direkte Weg wäre zu einfach. Über Stock und Stein querfeldein durch Europa: Die besondere Reise einer Weltenbummlerin über die höchsten Bergpässe, durch die tiefsten Schluchten, vorbei an schroffen Felsen und steilen Berghängen. Eine Abenteuerreise durch Italien, Frankreich, Spanien und Portugal.

Begegnungen der besonderen Art, unberührte Natur und wundervolle Momente einer Reise, festgehalten in meinem Reisetagebuch.

Inhaltsverzeichnis

1. Tag: Zürich (CH) – Chamonix-Mont-Blanc (FR)

2. Tag: Chamonix-Mont-Blanc (FR) – Val d’Isère (FR)

3. Tag: Val d’Isère (FR) – Strada dell‘Assietta (IT)

4. Tag: Strada dell‘ Assietta (IT) – Seyne (FR)

5. Tag: Seyne (FR) – Riez (FR)

Spanien

Portugal

Auf los geht’s los

Tag 1: Zürich (CH) – Chamonix-Mont-Blanc (FR)

Route: Luzern über den Brünigpass, Interlaken, an Saanen vorbei, über den Col des Mosses (Höhe: 1’445 m) nach Aigle und weiter bis Martigny, den Col de la Forclaz (Höhe: 1’527 m) überquerend nach Frankreich bis Chamonix-Mont-Blanc (Höhe: 1’035 m)

Übernachtung: Camping Le Grand Champ, Chamonix

Auf los geht’s los

Der Tag der Abreise ist gekommen. Endlich. Lange genug habe ich mich vorbereitet. Das Lampenfieber ist allgegenwärtig während ich die letzten Sachen zusammenpacke. Vorfreude weicht der Nervosität. Ein kurzer Spaziergang mit Romeo und dann kann es losgehen. Ich kann es noch gar nicht glauben. Der Himmel ist wolkenlos und die Temperaturen sommerlich. Besser kann es gar nicht sein. Es fühlt sich toll an mit dem Defender über den Asphalt zu rollen. Die Vibrationen des Dieselmotors beruhigen mich. Das Beast unter der Motorhaube ist erwacht und faucht wie ein Löwe während der Jagd. Ich grinse wie ein kleines Mädchen mit Schokoeis in der Hand. Die Ferien sind da.

Erinnerungen werden wach

Der Brünigpass macht Spass zu fahren. Ich habe das Gefühl mit jeder Kurve mehr und mehr Abstand vom Alltag zu bekommen. Am Brienzer See und in Interlaken werden Erinnerungen wach: mein Besuch ist bereits Jahre her, doch ich kann mich noch gut erinnern. Ich war damals auf dem Weg Kimba abzuholen. Zu jener Zeit war er noch ein Katzenbaby. Heute ist Kimba bereits 8 Jahre und mit seinen 10 kg ein Kater im besten Alter. Ich spiele die gleiche Musik wie damals: Milow.

Über Berg und Tal

Ich folge der kurvigen Landstrasse durch das Saanetal. Vorbei an Kühen und Ziegen, die genüsslich wiederkäuen oder faul in der Sonne liegen. In der Ferne sehe ich die Felsen des Naturparks Gruyère. Karg und scharfkantig stechen sie in den Himmel.

Tipp: Das Gruyère ist bekannt als Wander- und Ferienregion. Der gleichnamige Käse und das Fondue sind ein kulinarisches Highlight.

Der Col des Mosses bietet einen tollen Blick auf dieses Bergmassiv. Wir vertreten uns die Beine und bewundern das Panorama. Die Luft hier oben ist frisch und angenehm. Es fühlt sich gut an nach der Hitze im Tal. Trotz der Ruhe, fühle ich mich noch gestresst. Ich möchte heute noch nach Frankreich. Ich habe das Gefühl, dass erst dann die Ferien beginnen. Deshalb setzen wir unsere Fahrt nach Aigle und Martigny fort.

Über Martigny erhebt sich der Col de la Forclaz. Die Bergstrasse windet sich in engen Serpentinen durch die Weinberge. Ich geniesse einen letzten Blick über Martigny bis hin zum Genfer See. Jetzt geht es nach Frankreich.

Platzregen

Vor Chamonix gerate ich in ein Gewitter mit Platzregen. Den Wetterbericht hatte ich dummerweise vor der Abreise nicht mehr angeschaut. Das macht mich sauer, denn ich wollte nicht den ersten Abend im Regen verbringen. Es ist kalt und ungemütlich. Doch das Gewitter zieht schnell vorüber. Als ich den Campingplatz erreiche, scheint bereits wieder die Sonne. Glück gehabt.

Mont-Blanc

Eine Nacht am Mont-Blanc

Oberhalb des Campingplatzes erhebt sich der Mont-Blanc. Er ist mit 4’810 m der höchste Berg der Alpen. Der Gletscher ist von hier aus gut sichtbar. Angestrahlt von der untergehenden Sonne schimmert er rötlich. Das ist ein schönes Ende meines ersten Reisetages.

Campingplatz Le Grand Champ

Meine Bewertung: 1 Stern

  • Besucher: Wanderer, Durchreisende, Rentner
  • Sanitäranlage: veraltet und unsauber (ich habe meine eigene Aussendusche verwendet)
  • Elektrizität: nur einzelne Verteilstationen mit wenig Anschlüssen
  • Platzgrösse: klein und verwinkelt

Fazit: Ich komme nicht wieder.

Mont-Blanc Glacier

Ein verhexter Tag

Tag 2: Chamonix-Mont-Blanc (FR) – Val d’Isère (FR)

Route: Mont-Blanc-Tunnel nach Italien, über den Col du Petit St-Bernard (2’188 m) nach Val d‘Isère (1’785 m)

Übernachtung: Camping les Richards in Val d’Isère

Guten Morgen Welt!

Ein herrlicher Morgen erwartet mich. Die Felsen des Mont-Blanc heben sich scharfkantig vom tiefblauen Himmel ab und die Sonne spiegelt sich im Gletscher. Keine Wolke ist am Himmel. Es wird ein schöner Sommertag.

Doch es ist verhext:

  1. Ich habe verschlafen
  2. Der Efoy Go! ist leer. Ich brauche dringend einen Stromanschluss, doch es ist keiner frei. Mit meinem schlechten Französisch versuche ich mich verständlich zu machen. Schliesslich lässt mich ein hilfsbereiter Nachbar seinen Anschluss anzapfen. Den ersten Morgen hatte ich mich anders vorgestellt. Auch will das Zusammenpacken nicht recht von der Hand und ich brauche länger als üblich. Hoffentlich ändert sich das noch in den kommenden Tagen.

Mont-Blanc-Tunnel

Bevor es losgeht gleiche ich noch die Routendetails von Google Maps und meinem Navi ab. Oje, Google meldet 45 min Wartezeit vor dem Mont-Blanc Tunnel. Schnell weg hier, damit ich nicht allzu lange stehen muss.

Ich komme nicht sehr weit. Denn bereits nach wenigen Kilometern bin ich im Stau angelangt. Mr. Google meldet bereits 1,5 Stunden Stau. Wir stehen in der prallen Sonne und es wird immer wärmer. Wasserflaschen werden verteilt, ein Schild zeigt an, dass ab hier mit 2 Stunden Wartezeit zu rechnen ist. So ein Mist! Hätte ich das gewusst, wäre ich am Vorabend noch durch den Tunnel. Ich prüfe nochmals auf meiner Landkarte, ob ich nicht doch eine Umfahrungsstrecke übersehen habe. Nein, leider nicht. Alle Möglichkeiten wären keine Zeitersparnis, eher das Gegenteil.

Ziemlich genervt erreiche ich die Mautstelle. Erst jetzt sehe ich den Preis für die einfache Fahrt: EUR 44!!! So schnell sehen die mich hier nicht mehr. Das ist mir eindeutig zu teuer.

Country-Hopping zwischen Italien und Frankreich

Auf der anderen Seite des Tunnels erreiche ich Italien. Endlich freie Fahrt und der nächste Pass wird überquert: Col du Petit St. Bernard. Auf der Passhöhe bin ich bereits wieder in Frankreich. Fühlt sich an wie Country-Hopping. 🙂

Ich fahre weiter bis Val d’Isère. Es ist bereits später nachmittag als ich auf dem Camping le Richards ankomme. Ich treffe auf ein paar Kollegen mit Geländewagen und Dachzelt. Scheint als wäre ich hier richtig.

Kalte klare Nacht

Auch heute abend bleibe ich nicht verschont vom Gewitter. Ich nutze die Zeit des Regenschauers um zu duschen. Kurz bevor ich ins Dachzelt krieche, klart der Himmel auf. Es wird kalt werden und ich nehme meinen zweiten Schlafsack mit.

Gute Nacht! 🙂

Camping le Richards in Val d’Isère

Meine Bewertung: 4 Sterne

  • Besucher: Wanderer, Durchreisende, Overlander
  • Sanitäranlage: sauber und im guten Zustand, für Warmwasser (Dusche) muss ein Jeton gekauft werden
  • Elektrizität: genug vorhanden, langes Kabel ist von Vorteil
  • Platzgrösse: Wiese an der Isére, ausserhalb des Ortes
Val d Isere

Marmota – Murmeltier

Tag 3: Val d’Isère (FR) – Strada dell‘Assietta (IT)

Route: Col de l’Iseran (2’770 m) am Lac du Mont Cenis vorbei ins italienische Susa, Offroad dann über den Colle delle Finestre (2’176 m) auf die Strada dell’Assietta

Übernachtung: an der Strada dell‘Assietta

Murmeltierchen

Die Sonne kommt hinter dem Berg hervor und weckt mich. Ich habe geschlafen wie ein Murmeltierchen. Ein Blick aus dem Dachzelt und mir schiessen die Tränen in die Augen. So wunderschön der blaue Himmel. Im Kontrast die Wiesen und Felsen des Col de l’Iseran. Traumhaft!

Zusammenpacken und los geht’s. Heute läuft alles viel flüssiger. Ich fühle mich gut. Scheint als wäre ich in den Ferien angekommen.

Col de l’Iséran

Mit der Musik von Unheilig “Geboren um zu leben“ starte ich die heutige Tour. Das Lied lässt Erinnerungen wach werden an meine Reise durch die Anden in Peru. Heute geht es über den höchsten Pass der Westalpen: Col de l’Iseran. Hier geht’s zur Routenbeschreibung und zum Video.

Marmota

Marmota – das Murmeltier. Immer wieder kann ich Murmeltierchen beim Spielen und Sonnen entdecken. Hier muss es Tausende haben. Es sind so putzige Felltierchen!

Col de l'Iseran

Col de l’Iseran

Es ist viel los auf der Strasse. Hauptsächlich Motorradfahrer. Ich lasse sie vorbei, denn ich will ihnen ihren Spass nicht verderben. Immer wieder halte ich an um Fotos zu schiessen. Hier scheint im Winter das Skigebiet von Val d’Isere zu sein. Wo grüne Wiesen sein sollten, sieht man nur plattgedrückte braune Gräser. Die Sesselbahnstationen mit ihren kalten Betonmauern sehen unwirklich aus.

Oben angekommen gibt es ein Gedränge vor dem Passhöhenschild. Ich schaffe trotzdem ein Foto davor. Mache mich aber schleunigst wieder auf den Weg. Hier ist mir eindeutig zu viel los. Ausserdem ist es kühl hier oben.

Route, Bilder und Video gibt es hier (in Arbeit).

Lac du Mont Cenis

Der Lac du Mont Cenis ist eine Überraschung. Der See liegt wunderschön eingebettet in den Bergen. Es ist ein Stausee. Ich weiss, dass es hier auf der gegenüberliegenden Seeseite eine Offroad Strecke gibt. Als ich an der Wegkreuzung ankomme, entscheide ich mich dagegen. Im Sommer scheint hier sehr viel los zu sein. Viele Camper, Tagesausflügler, Wanderer. Kurz, hier ist die Hölle los. Ich fahre weiter. Schade! Ich notiere mir dies für einen anderes Mal.

Unterhalb der Staumauer bietet sich ein Platz für ein kurzes Picknick an. Romeo und ich vertreten uns die Beine.. Hier gibt es tolle Plätze zum Übernachten.  Nach einer halben Stunde geht es für heute allerdings weiter. Die Vorfreude lässt mich grinsen, ich bin gespannt wie ein kleines Mädchen auf den ersten Offroad Pass:

Colle delle Finestre

Zu meine Überraschung muss ich nicht lange nach den Schildern suchen. Die Auffahrt zum Colle delle Finestre ist in Susa sehr gut angeschrieben. Auf meinem Navi sind 26 Serpentinen zu erkennen, ein blaues Zickzack. Es macht Spass sich Kurve um Kurve nach oben zu schrauben. Die Asphaltstrasse ist einspurig. Die Haarnadelkurven teilweise so eng, dass ich sie nicht in einem Zug nehmen kann. Der Dieselmotor schnurrt beruhigend und kräftig. Aus den Boxen tönt “Fahrtwind” von Christina Stürmer.

Als plötzlich eine kleine Parkbucht erscheint, entscheide ich mich, schweissgebadet vor Konzentration, für einen kurzen Stopp. Erst jetzt merke ich, dass mein Magen knurrt und es wird mir bewusst, dass ich seit Stunden nichts gegessen habe. Ein Sandwich wäre jetzt eine passende Stärkung. Ein Blick nach hinten verrät mir, dass es Romeo ähnlich geht.

Ich finde einen Wanderweg und folge dem Schild mit der Aufschrift: Monumento Sacro Cuore Di Gesu. Ob ich von dort einen Blick ins Tal werfen kann? Der Weg führt durch den Pinienwald. Es ist windstill. Meine Schritte werden gedämpft durch die Tannennadeln auf dem Waldboden. Der einzigartige Geruch des Kiefernwaldes füllt meine Sinne. Frisch, harzig, ein Gefühl von Ruhe und Freiheit. Ich atme tief ein. Kein Geräusch ausser den leichten Bewegungen der Bäume. Als ich zum Aussichtspunkt gelange, bin ich entspannt. Der Spaziergang tut gut.  Der Ausblick ist sagenhaft. Die Kurven haben uns schon weit in die Höhe geschraubt.

Dieser Ort hat etwas Magisches. Ich setze mich im Schneidersitz auf den Boden in den Schatten einer Pinie. Ich schliesse die Augen und höre nichts als Ruhe. Nach 10 Minuten Meditation fühle ich mich wie neugeboren und fit für die Weiterfahrt.

Jetzt beginnt die Schotterstrasse. Mit Unheilig “Fernweh” geht es weiter. Ich verlasse den Wald. Der Weg führt mich an Wiesen und Berghütten vorbei. Immer weiter nach oben. Schmale, steile Serpentinen und langgezogenen, flache Passagen wechseln sich ab. Über den Bergen hängen die Gewitterwolken. Ich erreiche die Passhöhe und in der Ferne kann ich ein tiefes Grollen vernehmen.

Ich komme aus dem Staunen nicht raus. Woher kommen all die Menschen hier oben? Der kleine Parkplatz ist voll. Die Strasse von der anderen Seite her scheint einfacher zu sein. Ein Blick hinunter bestätigt meine Vermutung. Ich bemerke die verwirrten, teils bewundernden Blicke, die mir folgen. Ich muss schmunzeln. Grinsend stelle ich mich vor das Colle delle Finestre Schild und halte diesen Augenblick mit meiner Kamera fest.

Das Gewitter kommt näher und tiefliegende Wolken ziehen über den Kamm. Ich setze meinen Weg fort.

Ein Platz an der Strada dell’Assietta

Es ist bereits nachmittag. Die Konzentration lässt nach. Keine gute Voraussetzung noch weit zu fahren. Ich bin bereits auf der Grenzkammstrasse. Die Schotterstrasse läuft direkt am Hang und ist meist einspurig. Nach einer Kurve entdecke ich eine langgezogene Ausweichbucht. Ist das ein guter Platz zum Übernachten? Nach einer Erkundungstour zu Fuss entscheide ich: ja, ein genialer Platz für die Nacht.

Das Gewitter hat sich verzogen. Es klart wieder auf. Oberhalb des Tales fühle ich mich wie auf dem Dach der Welt. Rufe von Raubvögeln, das Pfeifen von Marmotas und das Rascheln von Tieren im Gras. Mehr ist nicht zu hören. Ich schliesse die Augen und präge mir diesen Moment ein. Es wird eine ruhige Nacht. Romeo und ich klettern ins Dachzelt und schlafen nach wenigen Minuten erschöpft ein.

Assietta Panorama

Wölfe im Nebel

Tag 4: Strada dell‘Assietta (IT) – Seyne (FR)

Route: Strada dell’Assietta bis Sestriere, weiter nach Briancon am Lac de Serre-Poncon vorbei bis Seyne

Übernachtung: Campingplatz Les Prairies in Seyne

Der Traum von Wölfen im Nebel

In der Nacht zieht der Nebel durch das Tal und nur die Geräusche von Tieren sind zu hören. Es soll hier auch Wölfe geben. In der Nacht träume ich von einer Begegnung. Leider bleibt es nur bei einem Traum. In meinem Dachzelt fühle ich mich sicher und die Nacht ist erholsam. Ich werde ohne Wecker wach. Die Sonne vertreibt die letzten Nebelschwaden über dem Tal. Ein mystischer Anblick und Gänsehautmoment. Nicht nur die morgendliche Kühle lässt mich frösteln. Ich bin dankbar über meine wärmende Jacke.

Der Jäger erwacht

Murmeltierchen beobachten mich aus der Ferne. Sie liegen faul auf den Steinen und lassen ihr Bäuchlein von der Sonne wärmen. Ein neugieriges Exemplar wagt einen Blick über den Wegesrand. Der Jäger in Romeo ist erwacht. Das Murmeltierchen flieht über die Wiese in seine Höhle. Es wird nicht das Letzte sein am heutigen Tag.

Das Dilemma des richtigen Reifendrucks

Es ist ein schwieriges und kontroverses Thema: welcher Reifendruck für welches Terrain. Heute entscheide ich mich, Luft abzulassen und zwar auf 2.3 bar. 0.7 bar weniger als normal. Ein Test. Ich bin gespannt.

Am Colle dell’Assietta

Voller Vorfreude starte ich bei traumhaftem Wetter. Heute begleitet mich Sunrise Avenue | Unholy Ground. Hinter jeder Kurve erwartet mich ein neues Panorama. Die Schotterstrasse schlängelt sich am Berghang entlang. Ich lasse immer wieder Motorradfahrer vorbei. Darunter auch eine deutsche Gruppe aus Hessen. Ich erreiche die Passhöhe, Colle dell’Assietta und treffe wieder auf die Deutschen, die mich überholt hatten.

Wie kommt es, dass Du alleine hier unterwegs bist?
Ich bin nicht alleine, mein Hund Romeo ist dabei. Wir sind auf dem Weg nach Portugal.
Er lacht.
Das ist aber ein ziemlicher Umweg.
Ich grinse verschmitzt zurück.
Der direkte Weg wäre ja einfach und ausserdem langweilig. Ich möchte etwas erleben. Und die Strada dell’Assietta wollte ich schon lange mal fahren.
Kopfnickend bestätigt er: “Ja, die muss man mal gefahren sein!
Fragend deutet er auf das Dachzelt: “Schläfst Du dann da oben im Dachzelt?
Ich nicke. “Klar!
Hast Du keine Angst?
Nein, wovor denn?
Er überlegt. “Naja, dass Dich jemand überfällt.
Nein, ich stehe immer an abgelegenen Stellen und meistens auch versteckt. Ich hab keine Angst. Ausserdem kann ich ganz böse schauen!
Ich versuche einen bösen Blick aufzusetzen.
Er lacht schallend.
Ok, das ist natürlich ein Argument!

Kurze Zeit später verabschieden wir uns und ich fahre weiter. Aber wir sehen uns sicher noch ein paar Mal wieder. Denn ich bin gemütlich unterwegs. Kurz vor dem Monte Genevris überholen mich die hessischen Motorradfreunde.

Zeit für eine Pause. Der Monte Genevris bietet sich dafür an. In der Ferne kann ich einen weissen Defender erkennen. Er kommt näher. Ich freue mich einen Kollegen zu treffen. Es sieht so leicht aus, wie er sich die Serpentinen hoch schraubt.

Nach rund 50 km ist der Offroad Spass bereits wieder vorbei. Nach wenigen Kilometern auf der Teerstrasse vermisse ich bereits wieder das Geröll unter den Rädern und das Vibrieren des Lenkrads.

Auf der Suche nach Luft

Ich mache mich auf die Suche nach einem Kompressor um meine Reifen wieder aufzupumpen. Das Fahrgefühl ist schwammig mit dem niedrigen Luftdruck. Ich fahre besser nicht über 80. Erst in Briancon ergibt sich die Möglichkeit. Allerdings ist keine Tankstelle in Sicht. Ein kurze Boxenstop in einer kleinen Werkstatt tut es auch. Ich werde vom Chef persönlich bedient. 10 Minuten später bin ich wieder auf der Strasse.

Zurück in der Zivilisation

Viele Menschen und Autos auf der Strasse, ich bin wieder zurück in der Zivilisation. Wünsche mich wieder zurück in die Einsamkeit der Berge. Kurz vor dem Lac de Serre-Poncon steht dann alles still. Ich biege ab und suche mir meinen Weg in den Süden auf einer schmalen Bergstrasse. Und es hat sich gelohnt. Ein atemberaubender Blick hinunter auf den See. Das nächste Mal muss ich hier mehr Zeit einplanen, notiere ich mir.

Gewitter 4.0

Auch heute entläd sich der Himmel über mir in einem Platzregen. Das Wasser kommt in Sturzbächen die Felswände runter geschossen. Ich bin froh, dass die tiefen Pfützen kein Problem sind für den Defender. So schnell das Gewitter da war, ist es auch schon wieder vorbei.

Tankstelle und Supermarkt

Meine Vorräte sind aufgebraucht. Der Tank ist fast leer. Die Suche nach einer Tankstelle und einem Supermarkt lässt mich mehr als 40 km über Landstrassen fahren. Langsam werde ich nervös, denn die gelbe Reservelampe leuchtet schon längere Zeit auf. Erst in Seyne werde ich fündig. Gerade rechtzeitig! Und auch ein Campingplatz ist schnell gefunden.

Was für ein Tag!

Mit leuchtenden Augen erinnere ich mich an den wunderbaren Tag an der Assietta Grenzkammstrasse. Mit dem Gefühl immer noch auf der Offroad Piste zu fahren, schlafe ich ein.

Camping Les Prairies in Seyne

Meine Bewertung: 4 Sterne

  • Besucher: Familien, Rentner
  • Sanitäranlage: sauber und im guten Zustand, beheizter Bereich für nachts
  • Elektrizität: ok
  • Platzgrösse: grosse Stellplätze, Boden bei Regen etwas morastig, ausserhalb des Ortes am Fluss
Verdon

Tiefblau

Tag 5: Seyne (FR) – Riez (FR)

Route: von Seyne über den Gorges du Verdon, die Route des Crêtes bis Riez

Übernachtung: Campingplatz Rose de Provence in Riez

Ich nehme es gemütlich heute morgen und geniesse in Ruhe den heissen Kaffee. Die Erinnerungen an meine Fahrt über die Assietta sind immer noch präsent und ich bekomme wieder Gänsehaut. Ein unbeschreiblicher Tag, den ich nicht mehr vergessen werde, da bin ich mir sicher!

Doch auch für heute habe ich Spannendes geplant: der Gorges du Verdon – die Schlucht von Verdon in Südfrankreich. Voller Vorfreude starte ich.

Die Rehkuh

Kurz vor Moustiers-Sainte-Marie der Schock: eine Rehkuh kreuzt knapp 10 m vor mir die Strasse. Die Grösse und die Geschwindigkeit sind sehr beeindruckend. Die Strasse ist hier kurvig und schmal und ich bin langsam unterwegs. Zum Glück! Der Schrecken sitzt aber tief. Beim nächsten Feldweg stoppe ich um meine wackeligen Knie zu beruhigen. Nach ein paar tiefen Atemzügen werde ich ruhiger und 10 Minuten später ist mein Puls wieder im Normalbereich. Ich fahre weiter.

Der Riese und das blaue Tintenfass

Von Moustiers-Ste-Marie führt die Strasse mit vielen Kurven stetig bergauf durch den duftenden Pinienwald. Immer wieder kann ich den türkisfarbenen See “Lac de Saint-Croix” in der Ferne ausmachen. Ein blauer Fleck in der Ferne als hätte ein Riese sein Tintenfass verschüttet.

Die schmale Strasse schlängelt sich hoch oben an den Felsen entlang. Ich nutze eine schmale Parkbucht am Strassenrand um einen Blick in die Tiefe zu wagen. Ein weiterer Gänsehautmoment! Faszinierend was die Natur vollbracht hat. Hier hat der Fluss Verdon bereits einen spannende Reise über Stromschnellen durch die Schlucht hinter sich bevor er in den tiefblauen See mündet.

Ich bin nicht die Einzige, die den Blick geniessen möchte. Es ist viel los hier und ich fühle mich unwohl, deshalb beeile ich mich weiter zu fahren.

Gorges du Verdon

Gorges du Verdon

Tiefe Schluchten, steile Strassen und Greifvögel – es gibt viel zu sehen um den Gorges du Verdon. Die kurvige Strasse gewährt immer wieder beeindruckende Ausblicke auf die Schlucht.

Nach einem kurzen Tankstopp in Palud-sur-Verdon biege ich ab auf die Route de Crêtes. Eine Strasse hoch über der Schlucht. Immer wieder halte ich an um Fotos zu schiessen. Die weissen Kalkfelsen stehen im Kontrast zu den grünen Büschen, tief unten kann ich immer wieder den blauen Fluss erkennen.

Nach der letzten grossen Aussichtsplattform wird es ruhiger. Die Strasse führt einbahnig, steil und kurvig durch die kargen Kalkfelsen. Auf meiner Karte ist diese Stück als gefährlich markiert. Für mich als Bergkind und Offroad Fahrerin keine Herausforderung. Es geht durch in Fels gehauene Tunnel, Haarnadelkurven und steile Passagen. Aus meinen Boxen tönt Juanes. Ich fühle mich als hätte ich stundenlang zu seinen Latino Rhythmen getanzt – durchgeschwitzt, erhitzt und erregt von den Eindrücken. Kein Wunder, die Temperaturen liegen bei über 35C°.

Ab dem Restaurant Chalet De La Maline wird die Strasse wieder zweispurig. Von hier aus geht der Wanderweg “Sentier Martel” in die Schlucht. Leider ist dieser zur Zeit geschlossen und mir bleibt nur der Blick von oben.

Die Fahrt geht wieder zurück in Richtung Hauptstrasse und meinem Ausgangsort Moustiers-Ste-Marie.

Mehr Infos zu meiner Fahrt inklusive Streckenkarte, Video und Bildern findest Du hier (Artikel in Arbeit).

Das verflixte Schloss

Ich sehne mich nach einem eiskalten Bier und einer erfrischenden Dusche. Zu müde um mir einen freien Übernachtungsort zu suchen, gehe ich auf den Campingplatz Rose de Provence in Riez. Ein passender Platz ist schnell gefunden. Das kühle Bier tut gut – endlich. Es prickelt herrlich im Hals und das kleine Fläschchen ist auch gleich leer.

Jetzt noch die Stromkabel anschliessen, damit das Bier auch weiterhin kühl bleibt. Leichter gesagt als getan! Die Kabeltrommel und mein Gaskocher sind in der Dachbox und das Schloss streikt. Nicht einmal den Schlüssel bekomme ich ins Schloss. Und ja, es ist der Richtige! Heute Morgen ging es ja noch. Fluchend und schimpfend stehe ich auf der Leiter und rüttel an dem Schloss. WD40 – Kriechöl – das Heilmittel bei streikenden Schrauben und quietschenden Türen. Ordentlich ins Schloss gesprüht. Kurz warten – Zeit für ein zweites kaltes Bier. Nächster Versuch und der Schlüssel lässt sich problemlos drehen. Mehr kaltes Bier und ein warmes Essen sind wieder greifbar.

Wetterleuchten

Nach einer erfrischenden Dusche geniesse ich den warmen Sommerabend. Das Wetterleuchten am Himmel ist faszinierend. Kein Donner ist zu hören, nur das Aufflammen der Blitze in der Ferne lässt das Gewitter erahnen. Gegen Mitternacht krieche ich mit Romeo ins Dachzelt und bin auch gleich eingeschlafen.

Camping Rose de Provence in Riez

Meine Bewertung: 3 Sterne

  • Besucher: Urlauber, Rentner
  • Sanitäranlage: sauber und im guten Zustand
  • Elektrizität: genug vorhanden, langes Kabel ist von Vorteil
  • Platzgrösse: im Tal, unterschiedlich grosse Plätze

Hier geht's zur Foto Gallerie

Summer 2018

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